Büchertauschregal in der Schwalbe 6 erfreut sich reger Nachfrage
WIESBADEN
Jeder Mensch hat sein Lieblingsbuch, ein Buch, das er immer und immer wieder lesen kann, ohne der Geschichte müde zu werden. Es gibt hingegen auch Bücher, deren einmaliges Lesen keinerlei Wiederholung bedarf. Da Bücher mittlerweile preislich einem Luxusgut gleichen und es der Moral widerspricht, ein Buch einfach wegzuwerfen, besteht seit einiger Zeit die Möglichkeit, ausgelesene Bücher in öffentlichen Bücherregalen zu platzieren und sich, bei Bedarf, gleich neuen Lesestoff mitzunehmen, getreu dem Motto: „Nimm eins, bring eins!“
Nach genau diesem Prinzip funktioniert auch das Büchertauschregal in der „Schwalbe 6“, benannt nach ihrem Domizil in der Schwalbacher Straße 6. Am Anfang der Geschichte, die das schmale, rote Regal zu erzählen versucht, steht das Vorhaben, die Schwalbe präsenter zu machen. So berichtet die dort ehrenamtlich tätige Ute Rapp vom Beginn einer großartigen Idee.
„Wir hatten vorher oft Lesungen von Autoren in unseren Räumlichkeiten oder auch die Möglichkeit geboten, ein persönliches Lieblingsbuch auszustellen“, berichtet Ute Rapp, die sich seit nunmehr zehn Jahren mehrmals die Woche vor Ort engagiert. „Im Anschluss an solche Veranstaltungen haben wir stets festgestellt, dass ein reger Austausch über Bücher ähnlichen Genres oder auch vollkommen andere Romane stattfand.“
Vorläuferin Bücherkiste
So stand schnell fest, dass Bücher den Weg für eine präsentere und gemeinschaftlichere Schwalbe ebnen würden. Dass jedermann ausgelesene Bücher zu Hause hat, wissen Ute Rapp und Annette Majewski nur zu gut aus eigener Erfahrung, und so entstand schnell, vor sieben Jahren, die Bücherkiste, die Vorgängerin des roten Regals.
Menschen brachten Bücher und nahmen neue mit. Heute können sich Ute Rapp und Annette Majewski kaum vor Büchern retten, weshalb bereits bei der Abgabe der Literatur eine kleine Selektion stattfindet. Ute Rapp erklärt: „Ich versuche, passende, interessante Bücher auszuwählen. Vor allem Romane, die der breiten Masse gefallen könnten. Sachbücher oder sehr spezielle Literatur finden leider selten einen neuen Leser.“
So kommt es, dass sich mittlerweile auch viele aktuelle Romane und Bestseller aneinanderreihen. Annette Majewski freut sich vor allem über regelmäßige Besucher: „Ein älteres Ehepaar, dessen Hobby unweigerlich das Lesen ist, kommt beinahe wöchentlich, um uns mit neuen Büchern zu versorgen. So können wir immer auch aktuelle Literatur anbieten.“
Klein aber fein – so beschreiben die beiden ihr Tauschregal. „Es muss nicht viel drin sein, entscheidend ist das, was drin ist“, erklärt Ute Rapp, die selbst fleißig Bücher tauscht. Am liebsten Krimis.
Momentan finden sich allerdings auch außergewöhnlich viele Bücher zum Thema „Reisen“ in den Böden des Regals, was von der aktuellen Aktion der Schwalbe rührt. Unter dem Titel „Unterwegs“ finden allerhand Veranstaltungen zu eben diesem Thema statt. Dazu gehört unter anderem ein Koffer gefüllt mit Reiseführern, welcher sich dem Prinzip des Bücherregals bedient – nimm eins, bring eins. Die beiden Mitarbeiterinnen berichten: „Ein Buch zu entdeckten ist oft auch wie eine Reise, eine Reise in eine andere Welt oder die Entdeckung der eigenen Fantasie.“ Auch in den Reiselektüren wird, wie auch mit den Büchern aus dem Tauschregal, vor Ort schon geschmökert. Mit einem heißen Kaffee werden die gemütlichen Räume der Schwalbe 6 so zu einer Art Ruheoase mitten in der Stadt.
Mehr als nur lesen
„Wir laden ein, eine Auszeit zu nehmen – und wie geht das besser, als mit einem guten Buch?,“ weiß Majewski aus Erfahrung. Ute Rapp fügt hinzu: „Oft ergeben sich über das jeweilige Buch auch außergewöhnliche Gespräche über persönliche Erfahrungen.“ So drängt eine individuelle Lebensgeschichte schon mal die des Buches in den Hintergrund. Dank des Romans als Türöffner. Und nicht selten bieten Bücher auch einen Blick über den Tellerrand hinaus, auch das wissen Rapp und Majewski aus Erfahrung: „Wir können mit Büchern viel mehr tun, als sie nur zu lesen. Genau dieses Gefühl wollen wir erhalten und teilweise auch neu aufleben lassen!“
Mittlerweile finden sich in der Wiesbadener Innenstadt viele ähnliche Ideen, was die beiden fröhlichen Damen nicht etwa stört, im Gegenteil: „Dass wir kopiert werden, zeigt uns nur, dass wir das Richtige tun.“