Archiv für Dezember 2011

Individualität mit Gänsehaut-Garantie

Sounds like sounds I do like: SoundsLike

Einer Erklärung für den Namen der Band bedarf es wohl kaum. Hört man die Musik der fünfköpfigen Vocalband aus Wiesbaden denkt man sich: „Das klingt doch wie…“

Das klingt wie eine Band mit viel instrumentalem Equipment und darüber hinaus tragenden Gesangsstimmen. Wer jedoch näher hinsieht und vor allem hinhört wird schnell feststellen: „Das klingt nur wie“, denn als einziges Instrument verwenden die passionierten Musiker von „SoundsLike“ ihre Stimmen. Die fünf Sänger imitieren bei weitem keine Klänge mehr, sie sind schon eins geworden mit den Instrumenten. Jedoch ist niemand auf ein Tonwerkzeug spezialisiert. „Es wird ständig rotiert“, berichtet Bandgründer Colja Carls und Altistin Nina Rosenberger fügt hinzu: „Das ist auch wichtig, da es  keinen alleinigen Leadsänger gibt, sonder es um den Ensembleklang geht.“ Um sich vom „eingestaubten“ Begriff des „a capella“ und auch dem Vergleich mit anderen Stimmkünstlern zu distanzieren manifestiert Carls : „Wir sind weder die ‚Comedian Harmonists‘ noch die ‚Wise Guys‘, „Sicher haben wir unsere Vorbilder“, ergänzt Bass Jannis Woogk, „aber wir kopieren nicht.“

Obgleich die Devise „Hauptsache Spaß auf der Bühne“ als kleines internes Ritual vor jedem Auftritt proklamiert wird, zählt während der musikalischen Darbietung vor allem auch das oftmals gelobte Gefühl, welches die facettenreichen Musiker um Colja Carls vermitteln. Auch für die Mitglieder selbst ist „dieses ganz spezielle Feeling“, wie Nina es beschreibt der Hauptbeweggrund, ganz ohne die Verwendung von Instrumenten zu singen. „Die Stimme, so fährt die Studentin fort, „ist die direkteste Art Musik zu machen und gleichzeitig auch das stärkste und emotionalste Instrument.“ Mit einem für sie typischen breiten Grinsen verweist sie dabei auf ihren Bandkollegen, Marcel Kärcher. „Der Romantiker“, wie er liebevoll genannt wird. Marcel, so betont Wirbelwind Nina, bringe das Gefühl aller Sänger in die Herzen der Zuschauer. Tatsächlich gelingt es der Vocal-Formation ihr Publikum zu berühren. Mit dafür verantwortlich ist sicherlich auch die Musikauswahl des Repertoires, welches fünfstimmig als „zu 70% moderat-ruhig“ beschrieben wird. Aber auch flottere Stücke die Stimmung machen,  mit markanten Beats und Bass-Lines finden  sich zwischen den Balladen. So findet sich auch Kult-DJ David Guetta in Dancefloor-Adaptionen an der Seite  Katy Perrys wieder. Neben diesem beliebten Medley, welches bislang als Zugabe der Gruppe gespielt wird, sollen zukünftig noch weitere „Lieder zum Abgehen“ mit aufgenommen werden.

Die oftmals melancholische Liedselektion begründet das Quintett allerdings durch ihre häufigen Auftritte auf Hochzeiten und Geburtstagen, wo gefühlvolle Stücke selbstverständlich gefragt sind. „Da möchte man natürlich berühren um in guter Erinnerung zu bleiben,“ stellt Sopranistin Maria Knobloch treffend fest und Kärcher fügt lächelnd hinzu: „und spätestens wenn die Braut weint, haben wir alles richtig gemacht!“ Mit Emotions-Garanten wie „You raise me up“ oder „Ave Maria“ gelang es den jungen Sängern bislang stets dieses spezielle Qualitätssiegel zu erhalten.

Von ihrer ersten Gage gingen die Fünf Einkaufen. Der Bandälteste, Jannis Woogk erzählt lachend:  „Jeder durfte in den Einkaufswagen legen, worauf er gerade Lust hatte. Schluss endlich war der Wagen voll mit allerlei ungesunden Dingen, die wir im Anschluss zusammen verzehrt haben.“ Nach einer Pause gefüllt von schallendem Gelächter ergänzt er, sichtlich um Ernsthaftigkeit bemüht:  „Das war sicher nicht vernünftig, aber eine bleibende Erinnerung.“

Mit Hilfe ihren Einnahmen konnten sich die leidenschaftlichen Sänger außerdem ihr technisches Equipment finanzieren, denn die Auftritte der „Band ohne Band“ sind nicht nur eine Frage der Gesangstechnik. Kennen gelernt haben sich die Mitglieder, mit Ausnahme von Sopranistin Maria Knobloch, durch diverse chorische Projekte. Maria, als gelungenes Beispiel herzlicher Ostintegration, wie es liebevoll heißt, wurde auf offener Straße „gecastet“ und sang sich sofort in die Herzen der übrigen Sänger.  Die Arrangements zur Perfektion des harmonischen Einklangs der einzigartigen Stimmen fertigt Gründervater Colja Carls unter Berücksichtigung aller spezifischen Qualitäten an. Er, der damals die Gruppe gründete ist es auch, der nicht nur abseits der Bühne sondern auch darauf den Takt vorgibt, denn er ist der Mann an den Vocalpercussions. Die nahezu perfekte Mimesis Carls’ Rhythmusinstrumente im Zusammenspiel mit  Gitarrenklängen, Klaviertönen, Streichern und natürlich der einmaligen Stimmen aller Bandmitglieder und dem somit provozierten „Band Sound“  ist Teil des „SoundsLike“-Gänsehautpaketes, auf welches jeder Zuhörer gefasst sein muss.  Dies wird zusätzlich verstärkt durch eindeutig instrumentierende Gestik, wie das Schlagen eines fiktiven Beckens oder dem Blasen und Ziehen einer bildhaft vorstellbaren Mundharmonika. Anders als bei den ‚Wise Guys’ oder ähnlichen Gruppen machen SoundsLike keine Unterhaltungsshow sonder konzentrieren sich vollkommen auf die Musik. Objektiv betrachtet intensiviert diese „Zusatzleistung“ allerdings die instrumentale Empfindung des Zuhörers, was natürlich ganz im Sinne von „SoundsLike“ ist – von „Comedy“ keine Spur.

Dass allerdings nicht nur stimmlich gute Harmonie herrscht beweisen die sympathischen Fünf mehrfach. Nina, der melodramatischen Wirkung ihrer folgenden Aussage bewusst, gesteht bewegend: „Ich würde diese Band für kein Geld der Welt mehr hergeben!“

Das klingt wie…eine gute Voraussetzung für ein einmaliges Erlebnis!

www.soundslikeus.de

Chris, Taylor und Chris&Taylor

„Ich will gar nicht viel – nur Musik machen!“, gesteht Chris, Frontmann der Band „Chris & Taylor“. Sein Partner Taylor genießt und schweigt, denn die namensgebende Instanz ist Chris’  Gitarre. Die Geschichte des harmonischen Duos beginnt im Jahr 2008, als Chris beschließt vorzeitig die Schule zu verlassen und nach London zu ziehen, um dort seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Zum Trotze zahlreicher kritischer Stimmen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis des heute 23jährigen zieht dieser aus gen Norden um das Musizieren zu lernen. „Natürlich hat da drüben niemand explizit auf mich gewartet,“ räumt Chris ein, „dennoch waren die 13 Monate sehr lehrreich und absolut notwendig und haben positiv zu meiner Entwicklung beitragen können“. Zurück in Deutschland setzt sich das „Märchen der etwas anderen Art“ fort. „Ich war voller Elan und Motivation und wollte unbedingt in Wiesbaden auftreten,“ berichtet der passionierte Musiker. Beinahe zufällig wird er dann 2010 über wiesbaden.eins.de von Enno Uhde zum Bouffier Newcomer Bandcontest vorgeschlagen und kann sich prompt gegen vier namhafte Konkurrenten durchsetzen. „Kurz vor dem Konzert erfuhr ich, dass viele meiner Bandmitglieder verhindert waren“, erinnert sich Chris, „also musste ich improvisieren!“

Das Improvisationstalent hat sich bewährt: Noch heute spielen „Chris & Taylor“

gemeinsam mit  Jasper Hanel am Schlagzeug,  Justin Hombach mit  akustischer Gitarre, Julian Felger und Franics de la Poza , den E-Gitarristen ,sowie Norman Hoffman als Backgroundsänger, unter dem Namenszusatz „+ Band“. Zum Repertoire des Künstlers gehören vornehmlich selbstkomponierte Songs in klassischer Singer-Songwriter-Manier, aber auch Coverversionen bekannter Hits.

„Ursprünglich haben wir gecovert um das Programm zu füllen.“ Heute sind es vielmehr Neuinterpretationen, „künstlerisches Umdenken“, wie Chris es nennt. Eine Art künstlerisches Umdenken erfolgte auch in den letzten Jahren bei Chris, dessen Entwicklung unaufhörlich in Bewegung zu sein scheint. Der Autodidakt lernte erst spät Gitarre und Klavier und geht daher auffallend selbstkritisch an alle Projekte heran.  „Noch kann ich meine eigene Musik hören, aber nie ohne Verbesserungsvorschläge zu notieren“, bekennt der Musiker herzhaft lachend.

Die Ideen für seine Songs, an deren Entstehung und Entwicklung er allgegenwärtig ist, überkommen ihn in nahezu allen Lebenslagen. „Häufig ist es ein Weg, erlebtes zu verarbeiten.“

Sein bescheidenes Ziel ist es, von der Musik zu leben und jeden damit anzusprechen, „der sich angesprochen fühlt.“

Allmählich werden die kritischen Stimmen von damals leiser und sein Gesang lauter. Vor allem aber das Spektrum seiner Anhänger zusehends größer.

Da steppt der Bär

„Im Herzen haben wir uns schon immer gekannt“, bekennt Frontsänger Piotr Potega mit dem gleichen melancholischen Gespür, welches auch die Lieder seiner Band „In Hope“ innehaben.

Mit gefühlsbetonten Texten und ruhigen Melodien wollen die vier jungen Männer im Alter von 17 bis 21 Jahren, begeistern. Als Folk-Rock-Band bezeichnen sie sich selbst. Jedoch bestätigen alle Bandmitglieder, dass seit ihrer Gründung im Jahr 2007 eine enorme musikalische Entwicklung stattgefunden hat. Auch das musikalische Ziel der Jungs hat sich verändert, ist erwachsener geworden. Wo andere Bands von einer großes Karriere schwärmen bleiben die vier Wiesbadener auf dem Boden der Tatsachen: „Wir wollen glücklich machen und wollen, dass unsere Musik wertgeschätzt wird,“ fasst Bassist Jan Völkel das Vorhaben zusammen. Schlagzeuger Leo Wölfel ergänzt:“ Es sollen alle etwas mit unserer Musik anfangen können und sich angesprochen fühlen.“ Besonders auf ihre Texte legen die Musiker großen Wert. „Jede Textzeile hat eine Bedeutung,“ erläutert Piotr, der alle Texte der neun bisher veröffentlichten Lieder schrieb.

„Und in diesen Texten darf niemand herumbasteln,“ manifestiert Potega, der eine besondere Vorliebe für das Spiel mit Worten entwickelt hat.

Auf die Frage nach ihrem Lieblingslied von „In Hope“ sind sich die Bandmitglieder einig – „5 minutes“ ist es, was ihnen besonders am Herzen liegt. Es entstand erst kürzlich, ebenso spontan bei einer Jamsession wie die meisten Lieder. „5 Minutes“ handelt von fehlendem Zugehörigkeitsgefühl in einer Gruppe und vom Unverständnis der Gesellschaft. „And I will send you a letter, whisper it in Chinese“  gehört ebenfalls zu den favorisierten Textzeilen der begabten Jungs. „Immer wieder,“ so berichtet Gitarrist Yannick Brandl, „sind die Leute überrascht, wie reif und erwachsen unsere Musik ist.“ „Dabei sind wir eigentlich alles Kindsköpfe,“ fügt Piotr laut lachend hinzu. Die Besonderheit der Band mag ihre Reflektiertheit und die gleichzeitige Leichtigkeit sein, welche Kompositionen wie „Harmony“ oder auch „Rome was not built in a day“ de Zuhörer vermitteln.

Die entsprechenden Ideen zu den Songs kommen spontan, „einen Geistesblitz hatte ich noch nie“, so Songwriter Piotr. An den kuriosesten Moment einer Liedidee kann er sich doch erinnern. Es war der Text zur Folkballade „Artwork“, der ihm auf dem stillen Örtchen einfiel und umgehend notiert werden musste. „Aber meistens sind es Songpuzzle, einzelne Liedbaustellen an denen ich solange herumbastle, bis ich damit zufrieden bin,“ erläutert der Frontsänger seine typische Vorgehensweise. „Ein Lied muss reifen, bis ich es mag,“ fügt er schelmisch grinsend hinzu.

Er fungiert dabei nicht nur als klassischer Singer-Songwriter, sondern ebenfalls als Pianist, Gitarrist und, so fassen es seine Bandmitglieder zusammen, als „Rohmateriallieferant“. Dieses Rohmaterial wird gemeinschaftlich zu einem Gesamtwerk geschliffen.

Viele dieser Gesamtwerke werden auch auf dem geplanten Album zu finden sein. „Hey Folks“ soll es heißen, in Anlehnung an den Ausruf eines ehemaligen Lehrers und natürlich bezugnehmend auf das Genre welchem sich „In Hope“ zu ordnet.  Noch ist dessen Produktion jedoch nicht in trockenen Tüchern. „Wir brauchen Zeit,“ proklamieren die vier Jungs, die neben ihrer Musik zur Schule gehen oder eine Ausbildung absolvieren. Zum Markenzeichen der Band hat sich neben den melancholischen Texten auch der Auftritt Potegas im Bärenkostüm etabliert. Darauf angesprochen gesteht er, dass er stets großes Lampenfieber habe. Das Kostüm fungiert dabei als Schutzschild.

„Es steht dann der Bär auf der Bühne, nicht Piotr.“

Einfach „Bamm!“

„Bamm!“ ein Ausdruck der Begeisterung, „Bamm!“ eine Reaktion der Überraschung, „Bamm!“ ein Synonym des Glücks.

BAMM eine Band die ebenso vielseitig ist wie die Interpretation des namensgebenden Begriffs.

Aus einer Floskel von Leadsänger Michi Wilson entstand ein Name, der Programm ist.  Die vier Jungs um den kanadischstämmigen Singer-Songwriter übertragen den Spaß, den sie an ihrer Musik haben auf ihr Publikum. Aber vor allem nehmen sie sich selbst nicht allzu ernst. So wie ihr Rockstarimage. Ihr neues Bandoutfit entsprang einem „C&A-Unfall,“ wie es Gitarrist Manu Gardner Fernandes bezeichnet. „Unsere Wunschhemden gab es nicht mehr in unseren Größen!“ Deshalb tragen die Alternative Rocker nun weiße Hemden mit geblümtem Revers. Spontanität, sowie ein Hang zur Ironie zeichnet die  Musiker aus.

Ihr bisheriges festes Repertoire aus 15 Songs zeugt ebenfalls davon.  „Die meisten der Songs entstanden beim Jammen,“ berichtet Gitarrist Manuel. „Als erstes steht meistens die Gitarrenstimme fest, bevor dann, nach und nach, der Rest dazu kommt.“ Der Rest, dass sind die weiteren Bandkollegen und deren Instrumente : Jascha Baumgardt am Schlagzeug, Piotr Mierzwa am Bass und „Michi an den Vocals.“ „Oft steht dann die Musik, aber die Texte gibt es noch nicht,“ gesteht der Frontsänger, während Manuel hinzufügt: „Die Kreativität hört bei uns nie auf, wir müssen aufpassen, dass bei uns nichts im Chaos ausartet. Wir müssen Eins nach dem Anderen entwickeln, denn wir haben viel zu viele neue Ideen!“ Die verschiedenen Stile in denen ihre Lieder erstrahlen umschreiben die Einzigartigkeit der Band, deren persönlich gesetztes Ziel es ist, eine große Bandbreite an Genres zu bedienen. „Wir haben alle ganz unterschiedliche Geschmäcker – von KIZ bis Jack Johnson  – und jeder sollte etwas von unserer Musik haben. Nicht zuletzt wir selbst“ erklärt Piotr lachend die musikalische Zuordnung.

So erscheint es keinesfalls befremdlich, ein breitgefächertes Spektrum während eines Konzertes auf der Bühne zu präsentieren. Im Gegenteil; BAMM sorgen für ein positiv überraschendes Feuerwerk auf der Bühne. Sie erinnern an eine Wiesbadener Melange aus der schwedischen Rockband „Mando Diao“ und den US-amerikanischen „Red Hot Chilli Peppers“, mit einem Häubchen aus „The White Stripes“. Einflüsse von Jason Mraz lassen sich allerdings ebenso erkennen, zum Beispiel in Wilsons Solostück „A little wish“, wie auch Parallelen zu Legenden wie „Aerosmith“ zu finden sind.  Die Vier wollen sich schlicht nicht festlegen, und schon gar kein Klischee einer Rockband erfüllen. Sie ordnen sich selber dem „Alternative Rock“ zu, welcher wiederum Einflüsse sämtlicher weiterer Genres toleriert, integriert und akzeptiert. Nach eben diesem integrativen Prinzip wird auch jedes Talent der individuellen Bandmitglieder mit einbezogen.

Schlagzeuger Jascha beispielsweise, der beim Konzert auf dem Schlachthofgelände bei „Folklore NullElf“ lauthals aus dem Hintergrund mitsang wird in naher Zukunft auch ein Mikrofon bekommen und von seinem Podest aus Frontmann Michi unterstützen.

Von dessen Sangeskunst kann man sich auch auf dem diesjährigen Jugendkulturfestival „Youth Culture 65xxx“ auf dem Dernschen Gelände überzeugen. Man sollte dabei gebannt zuhören, wie seine Singstimme von sehnsuchtsvoll glockenklar zu geheimnisvoll verrucht umschwingt und dabei erkennen, dass man sich nicht auf eine Musikrichtung festlegen muss, um authentische Musik zu machen.

Was bleibt da noch zu sagen ? Die Jungs sind einfach „Bamm!“

Joy to the World

Schick in Schwarz und mit feierlichen Visagen lud der Gospelchor „Xang“ im Jahr des 15. Jubiläums seine Zuhörer, unter dem Motto „Joy to the World“, in die Wiesbadener Ringkirche ein.

Dem Chornamen „Xang“ – einee phonetisch-lautmalerischen Darstellung der Passion des Chores: Gesang – wurde der mehr als 30 Köpfe zählende Chor mit dem Gewissen „X-tra“ gerecht. Mit einem gekonnt kombinierten und abwechslungsreichen Programm gelang es den „Xängern“, wie sich die Mitglieder selbst bezeichnen, über einen Zeitraum von zwei Stunden hinweg das Publikum in ihren Bann zu ziehen.  Bereits mit dem effektvoll inszenierten Einzug des wortwörtlich lichtbringenden Chores wurden Gedanken an die klischeehafte Langeweile bereits erlebter Weihnachtskonzerte aus den Köpfen der Zuhörer vertrieben. Ein stiller Auftritt der dreiköpfigen Band leitet den ruhigen Einzug der Chormitglieder, jeder einzelne eine Kerze tragend, ein. „In your name we’re all the same“ wird dabei mit ansteigender Intensität dem leuchtenden Oberlicht der Kirchendecke entgegen gesungen.Tenor Marcel Kärcher mit Chor

Chorleiter Gerd Müller nennt das alljährliche Weihnachtskonzert den „Höhepunkt des Chorjahres“. Mit Authentizität und strahlenden Gesichtern vermitteln die Sängerinnen und Sänger die Freude an der Musik und lassen somit das ausverkaufte Konzert mit Hilfe der wunderbaren, allumfassenden Akustik der Ringkirche zu einem außerordentlichen Erlebnis werden. Unvermeidbar wippt der Fuß mit und auch die Hände wollen klatschen und schnipsen zugleich – der Chor lebt es vor und das begeisterte Publikum nimmt es dankend an.

Neben der beeindruckenden stimmlichen Überzeugungskraft des Chores, welcher abermals unter Beweis stellte, dass auch weiße Stimmen Gospel singen können, lebt das bunte Programm auch von der individuellen stimmlichen Leistung einzelner Solisten, stets begleitet durch die Stimmgewalt des Ensembles. Mit einer gefühlvollen Interpretation von Stings weltweitem Erfolgshit „Fragile“ überzeugt Tenor Marcel Kärcher, welcher neben sechs weiteren Solisten vor dem Podest aller Sänger sein Können demonstriert. Die Augen geschlossen und mit der linken Hand unterstützend gestikulierend macht er überzeugend begreifbar, wie zerbrechlich der Mensch doch ist. In den Worten Gerd Müllers stellt dieser Song, einer Vielzahl weihnachtlicher Lieder folgend, mit Verweis auf Geschehnisse des Jahres 2011 eine Art Jahresrückblick dar. Für „Xang“ ein Jahr der Feierlichkeiten. Die Leistung des Chores zeugt auch von der langen  Zusammenarbeit der Mitglieder und dem Gemeinschaftsgedanken.

„In your name[…] we’re all together[…] all unified” hieß es im Eröffnungslied. Vereint sind die Sängerinnen und Sänger aber nicht nur im Namen des Herren, sondern auch in der Leidenschaft zur Musik und dem Wunsch diese zu teilen.

Interaktion sowohl untereinander als auch mit dem Publikum sind an der Tagesordnung und sorgen dafür, dass Pianist Wolf Dobberthin den begeisterten Beifall mit einem lautstarken Einsatz des folgenden Liedes vehement unterbrechen muss, doch das Publikum war nur schwer zu stoppen. Nach dem letzten Titel des laufenden Programms wurde mit stehenden Ovationen nach einer Zugabe verlangt welche „Xang“, typisch Gospel mit „Oh happy day“ gerne erteilte.

Casting Jugend Club Theater

Das dargebotene Bild erinnert an die Auditionsszenen aus dem Kultmusical „Fame“: Aufgeregt sitzen rund 40 Teilnehmer des diesjährigen Castings für das Jugendclubtheater im Ballettsaal des Staatstheaters. Hier und da wird sich gedehnt und nervös Getuschelt. Darunter befindet sich auch eine Gruppe von vier jungen Leuten, welche sich gemeinschaftlich auf  die kommenden  Herausforderungen vorbereitet haben. „Wir haben gemeinsam Monologe für den Schauspielteil herausgesucht und sie uns dann gegenseitig vorgesprochen und auch Kritik geübt,“ berichtet die 21 Jahre alte Kathi. Ihr und ihren Freunden geht es vor allem darum, im Jugendclub Erfahrungen sammeln zu dürfen und, so sind sich alle einig: „um den Spaß daran auf der Bühne zu stehen!“ Neben den drei jungen Damen gehört auch der 23jährige Kevin zur internen Probengemeinschaft. Er ist einer von  nur drei männlichen Teilnehmern. Und obgleich er die Aufgaben zuversichtlich angeht, sieht er seinen Vorteil nicht in der geringen Konkurrenz. Vielmehr möchte er durch sein individuelles Talent überzeugen. Bei einem Prüfungsaspekt ist er sich allerdings unsicher: Dem Tanzen, welches gleich zur Eröffnung des Castings dient. „Da,“ so gesteht er, „könnte ich echt ins Rudern kommen.“

Als Iris Limbarth den Saal betritt, verstummt das Geflüster der ersten Aufregung.

Die Regisseurin und Leiterin des Jugendclubtheaters heißt alle Musicalbegeisterten Willkommen. „Es geht hier nicht darum Euch fertig zu machen. Ihr habt erst den Respekt aller hier verdient, dass ihr überhaupt gekommen seid,“ nimmt die Theatererprobte Blondine die ein oder andere Angst im Voraus. Kurz erklärt sie ihre Vorgehensweise und den Plan der Sichtung, welche sich über das gesamte Wochenende erstrecken soll. Im Dreikampf des Musicals wird in den Disziplinen Schauspiel, Tanz und Musik angetreten. Begonnen wird mit einem gemeinsamen Tanzwarmup. Dabei sind bereits die ersten kritischen Blicke zur Konkurrenz zu beobachten. Verschiedene Aufwärmübungen sowie Grundschritte des klassischen Tanzes werden trainiert und, von vielen, erstmalig ausprobiert. Iris Limbarth ermutigt ihre jungen Teilnehmer, die leichte Unsicherheit bei der Jazzisolation zeigen, mit einem Lächeln: „Wenn ihr nicht darüber nachdenkt, ist es einfacher!“ Nach diesem tänzerischen Exkurs ist auch dem Letzten warm. Als im Anschluss daran  jedoch Spagatsprünge angekündigt werden schlägt die Hitzewallung bei vielen in kalten Angstschweiß um. Doch es besteht kein Grund zur Panik, denn auch bei dieser Aufgabe stehen Mitglieder aus dem bestehenden Ensemble zur moralischen und aktiven Unterstützung zur Verfügung. Nach dem anschließenden Üben choreographischer Sequenzen der nächsten Produktion für das  Kleine Haus, „Hair“, gesteht selbst Jugendclublerin Karen Müller, dass es ihr auch nicht leichtfiele. Als die Musik im Ballettsaal verklingt hört man, nach dem Ende der tänzerischen Einheit, von allen Ecken leises Summen einzelner Lieder. Texte werden nochmal wiederholt, Töne perfektioniert und Anschlüsse abgestimmt, bevor es auf die Probebühne 1 zum Vorsingen vor die vierköpfige Jury geht. Schülerin Charlotte ist als erste ihrer Gruppe mit dem Singen dran. Leidenschaftlich und  mit szenischer Untermalung singt sie „Tot zu sein ist komisch“ aus dem Musical „Tanz der Vampire“. Ein hölzerner Notenständer fungiert dabei als Leiche. Währenddessen mach sich Iris Limbarth fleißig Notizen. Sie und ihr Beurteilungs-Gremium haben kaum etwas gemein mit aus dem Fernsehen bekannten Prüfungssituationen. Keine vernichtende Kritik, kein frühzeitiges Ende, keine weinen Teilnehmer. Vielmehr ist es ein herzliches, aufmunterndes Gegenübertreten. Ein Lächeln, ein Zunicken, ein Zwinkern bei kleinen Unsicherheiten und wackligen Stimmen.  Nach ein bis zwei Liedern ist alles überstanden. Nun heißt es hoffen und warten, ob man es in die zweite Runde geschafft hat, um am sonntäglichen Castingtag zur dritten Disziplin des Musicals, dem Schauspiel anzutreten.

 

 

 

Ein Weihnachtsmärchen oder: Tage, wie dieser

Es gibt solche Tage, an denen alles anders ist. Es gibt solche Tage, an denen man vor Wut schreien möchte. Es gibt solche Tage, an denen einen winzige Kleinigkeiten zutiefst berühren und es gibt solche Tage, an denen das Lächeln kaum mehr von den Lippen weichen möchte.

Ich wandere kraftlos und ausgebrannt auf dem Bahngleis auf und ab, um nicht vor Erschöpfung einzuschlafen. Mal wieder Verspätung. Unzählige Flüche gehen mir durch den Kopf und ich beschließe, meiner prekären Situation zum Trotz, eine Zigarette rauchen zu gehen. Böse Blicke und aufgesetztes Hüsteln nichtrauchender Passanten ist man ja in Zeiten des Nichtraucherschutzes bereits gewöhnt. Aber heute, gerade heute treibt es mich zur Weißglut und macht mich so empört, dass mir nicht einmal eine süffisante Bemerkung über die Lippen kommen will. Stoßgebete gen Himmel schickend und den puren Hass auf alles und jeden verspürend stehe ich im Regen. Es tropft auf meinen letzten Halt in dieser miserablen Lage. Mit dem innigen Wunsch endlich nach Hause fahren zu können spielen meine Gedanken so intensiv, dass sie die Rufe hinter mir nicht wahrnehmen. Oder nicht wahrnehmen wollen.

„Junge Dame ! Hey, Fräulein, eine Frage!“

Als ich den Mann hinter mir bemerke, friemle ich hastig die Kopfhörer aus meinen Ohren und höre fortan nur noch vage Bässe von meinen Schultern dröhnen.

„Madame, kann ich Ihnen eine Zigarette abkaufen?“, fragt er und streckt mir seine von Arbeit, Leben und Dreck gezeichneten Hände entgegen. Ich zögere kurz und gebe ihm das Erbetene. „Hier, nehmen Sie“, will er mir die 30 Cent für die lebensverkürzende Maßnahme anbieten. „Nein, nein“ sage ich eilig, versuche währenddessen die Kopfhörer in die Ohren zu stecken und murmele im Begriff zu gehen noch: „Es ist doch Weihnachten!“

„Junge Dame! Hey, warten Sie! Haben Sie noch Zeit?,“ ruft er mir hinterher. Ja, habe ich. Jetzt ist es ohnehin egal. Die Bahn ist ja doch nie pünktlich.

„Kommen Sie, rauchen Sie mit mir“, lädt er mich in sein zu Hause, dem Bahnhofsvorplatz ein. Umgehend ziehe ich einen weiteren Glimmstängel aus dem Paket. Ich gebe ihm Feuer. Er sieht mich freundlich an. „Sagen Sie, was machen Sie an Weihnachten? Sind Sie bei Ihrer Familie?“ möchte der neugierige Fremde wissen und fängt, kaum dass die Frage ausgesprochen, an zu weinen und fügt hinzu: „so sollte es doch an Weihnachten sein, oder?“

Auch mir laufen unweigerlich – und obwohl mein Innerstes, meine Kämpfernatur, mein unantastbares Ego dagegen ankämpft –  heimlich, still und leise Tränen über das kalte Gesicht.

Da beginnt er zu lächeln.

„Sie haben mich reich beschenkt,“ sagt er und reicht mir ein Taschentuch. „Gott schütze Sie!“

Mein Blick fällt auf die Uhr: Ich muss los!

Ja, es gibt solche Tage, an denen alles anders ist. Es gibt solche Tage, an denen man vor Wut schreien möchte. Es gibt solche Tage, an denen einen winzige Kleinigkeiten zutiefst berühren und es gibt solche Tage, an denen das Lächeln kaum mehr von den Lippen weichen möchte.

Es gibt solche Tage, wie diesen.

Weil doch Weihnachten ist

Wisst ihr denn, dass Weihnachten ist? Fühlt ihr es nicht in der Luft und riecht ihr nicht die süßen wohlbekannten Düfte, welche ahnungsvoll das Land streifen?
Beinahe überraschend kommt das „Fest der Feste“ am 24. Dezember daher. Ich wundere mich noch kurz, warum die Straßen der Innenstadt bereits vor der morgendlichen Ladenöffnung vor Menschen – oft Pärchen – bald zerbersten möchten und ärgere mich über den Geruch abgestandenen Süßweins und angebrannten Zuckers, da beginne ich zu stocken. Da war doch was!
Ich realisiere wie meine Gedanken zu rotieren beginnen und sich die schmerzliche Erkenntnis nahezu bedrohlich in meine Wahrnehmung zu brennen scheint. Das Konsumfest steht vor der Tür und bringt mit sich die Scheinheiligkeit aller so friedvoll gestimmten Menschen. Mensch, es ist doch Weihnachten, das Fest der Liebe. Ist das nicht schön?

Nur noch wenige Tage sind es bis zu jenem, der abermals beweist, dass es keine Dinge gibt, die man nicht kaufen kann.
Jesus hätte das sicher ähnlich gehandhabt: Unmengen Geld für Geschenke um des Schenkens Willen ausgeben. Selig sind die, die kaufen, denn ihnen gehört die Weltwirtschaft!
Mit Weihnachten verhält es sich ähnlich wie mit dem Valentinstag. Alljährlich stelle ich mir ein und dieselbe Frage: Warum kann ich meine Liebe und Zuneigung nicht an 363 (obacht!) kundtun?
Wo Worte das größtmögliche Geschenk sind, traut sich letztlich doch niemand und versteckt sich am 24. Dezember lieber hinter Präsenten vom Juwelier und wirklich nützlichen Küchengeräten. Und natürlich Socken; denn gerade an Weihnachten darf kein Klischee in Vergessenheit geraten.
Alles andere scheint in der heilen Welt des Heiligen Abends vergessen. Und es scheint alles vergessen werden zu müssen. Ein scheinheiliger Abend.

Weil doch Weihnachten ist.

Und aller Glanz der goldenen Lichter den schönen Schein überdauert. Wenn Glockenklang das Streitgespräch übertönt und Schnee die Steine überdeckt, welche im Weg liegen, wenn Plätzchenduft den in der Luft liegenden Groll vertreibt , wenn Tannennadeln dort liebevoll pieken, wo sonst schmerzliche Stiche ins Innerste dringen und im Fernsehen zur Bescherung „Stirb langsam“ läuft: Yippie ya-yeah, Schweinebacke, dann ist Weihnachten.
Bald beginnt schon die nachweihnachtliche Vorfreude auf die Zeit, in der alles wieder beim Alten ist und alles und jeder dem Alltagstrott verfällt….und leise rieselt der Schnee.

 

 

Ich kam, sang und siegte

Manchmal muss es „Klick“ machen.

Manchmal bedarf es des eines auslösenden, entscheidenden Momentes um sich etwas bewusst zu werden. Diesen Auslöser braucht es beispielsweise um einen Schritt zu wagen, oder sich etwas bewusst zu werden.

Man braucht ihn aber auch, um einen Schlussstrich ziehen zu können. Wann der ausschlaggebende Zeitpunkt gekommen ist realisiert man erst im Nachhinein.

Man wacht auf, nach einer kurzen Nacht. Man ist spät ins Bett gekommen und muss viel zu früh wieder aufstehen. Aber man fühlt sich gut dabei. Nicht die übliche morgendliche Trägheit, die pre-universitäre Lustlosigkeit und kein Anflug frühzeitiger Demotivation.

Nichts dergleichen.

Man wundert sich noch darüber, dass dieser Morgen so ganz anders ist als andere unzählige Morgen zuvor.

Man wundert sich, aber man kann doch nichts ändern. Warum auch ?

Mit jedem Schluck allmorgendlichen Kaffees kommen die Gedanken an den letzten Abend wieder. Kein Filmriss, kein Rausschmiss – aber Erkenntnis: Die Erkenntnis, dass ein einziges Lied den entscheidenden Auslöser dargestellt hat den Schlussstrich (endlich) zu ziehen. Ohne Fremdeinwirken, ohne überstürzendes Handeln, ohne Vorwarnung. Heimlich, still und leise mit einem Lied. Gestern Abend hast du es noch lauthals einem nicht mehr nüchternen Pub-Likum entgegen gesungen und heute hast du es schon vollkommen verinnerlicht. Wahnsinn. Du bist eins mit dem Lied. Du bist wieder eins mit dir selbst. So fühlt sich das also an. So kann es also gehen. So ist das.

Voller Tatendrang, beflügelt von diesem einmaligen Erlebnis, genährt vom Gefühl geheilt zu sein, beseelt von unbeschreiblicher Erfüllung und überwältigt von der Unfassbarkeit des Erlebten startest du in einen Tag, der dir einmal mehr aufzeigt, dass du überleben wirst.

Vorbei die Zeit der Balladen, der Herzschmerz-Playlist und der tränenreichen Worte.

Willkommen im Hier und Jetzt. Willkommen in der Epoche der Kämpfer und Sieger.

Ich bin ein Kämpfer, ich bin ein Sieger.

Ich kam, sang und siegte.

Von Anfang, Ende und Freundschaft

Mein Jahr

Ich persönlich glaube nicht an Horoskope. Hin und wieder allerdings lese ich sie doch. Mit großer Vorliebe sind es die Jahresprognosen, welche ich mir zu Gemüte führe und tatsächlich, öfter als ich es eingestehen würde, mit der Realität eines (tatsächlich) möglichen Verlaufes abgleiche. Für das kommende Jahr heißt es dort: „2012 ein Jahr des Auf- und Umbruchs – es bringt Neuanfänge und wird Sie anregen, über vieles nachzudenken.“ Ja, es wird wohl so kommen. Denn wird man nicht mit jedem Jahreswechsel gezwungen, etwas hinter sich zu lassen, wie eben das abgeschlossene Jahr, und etwas Neues, Unbekanntes anzunehmen? Früher, als Kind, erschien mir ein Jahr unendlich lang. Ich teilte es in verschiedene Abschnitte ein: Meine Zeitrechnung begann jedes Jahr zur Weihnachtszeit, von da an galt es, nach Neujahr, was für mich lange Zeit unweigerlich zum Weihnachtsfest dazugehörte, die erste Hürde des Karnevals zu nehmen. Der erste Indikator für die Unberechenbarkeit der Zeit aus der Sicht einer Fünfjährigen. Papas Geburtstag fiel meist in diesen Zeitraum, sodass mir dies kein guter Anhaltspunkt erschien. Als nächstes fieberte ich auf Ostern hin und die ersten Tage ohne Jacke im Garten. Ist Ostern erst einmal vorüber, dauerte es nicht mehr lange bis die Sonne stets schien und die Ferien begonnen. Nach den Sommerferien, welche eine vollkommen zeitlose Dimension einzunehmen schien, waren es kaum mehr zwei Monate bis zu meinem Geburtstag; und war dieser erst einmal gefeiert standen auch schon Schokoladennikoläuse in allen Supermärkten und alle Häuser blinkten bunt dekoriert. Heute hingegen fliegt die Zeit. Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende. Viel zu schnell ging es vorbei und gibt einem kaum Zeit, all das erlebte zu verarbeiten und auf das Neue vorzubereiten. Zwar bin ich älter und ein Jahr vergeht viel zu schnell um all die schönen Momente greifen zu können, anders als noch in den Kinderschuhen, aber doch bin ich manchmal noch die kleine fünf Jahre alte Sarah, die in der Badewanne „Wie der Hackel Schorsch“ den Rand hinunter rodelt. Und auch heute bin ich manchmal noch die Kleine, die sich ihre Ziele etappenweise setzt: Erst Ferien, dann Geburtstag, dann Weihnachten und Neujahr. An kaum einem anderen Beispiel als der Silvesternacht lässt sich das Thema Endlichkeit im Zusammenspiel mit einem Neuanfang besser darstellen. Binnen sechzig Sekunden sind 365 Tage passé. Es beginnt die Zeit der guten Vorsätze, die Zeit des „Alles-besser-machen-Wollens“, aber wie weiß man was gut ist; wie bemisst man ein Jahr? 525.600 Minuten in denen gelacht, geweint und nachgedacht wurde. Ein solches Puzzle individueller Momentaufnahmen ist denkbar schwer zu bewerten. Ich könnte die vergangenen zwölf Monate in vollgeschriebenen Blätter, getrunkenen Tassen Kaffee, oder mit in der Bahn verbrachten Stunden messen. In gelesenen Zeilen, in zum Bus gerannten Metern oder aber in verworfenen Gedanken. In vergossenen Tränen, in gesungenen Tönen, in gesprochenen Worten oder vielleicht in durchlachten Momenten tiefster Freude. Messen, bewerten oder festhalten wird man die Momente nicht können, aber die Erinnerung bewahren. Ich sammle all diese kleinen privaten Erinnerungsstücke in meinem Gedächtnis und rufe sie dabei immer wieder zurück und erfreue mich der erlebten Momente. Mein eigener kleiner Jahresrückblick braucht keinen Moderator, keine Gäste, keine Helden und keine dramatische Musik zur Untermalung. Obwohl, vielleicht doch: Musik, als ehrlichster Gefühlsträger. Einen einzigen Titel ausfindig zu machen, welcher repräsentativ für das sich dem Ende neigenden Jahr steht ist denkbar schwierig. Vermutlich würde meine Wahl auf „Je veux“ der französischen Sängerin Zaz fallen. Ein Lied, das alle erdenklichen Emotionen vereint und zudem mit einem Augenzwinkern auf Geschehenes blicken lässt. Zu diesem Lied habe ich auf der Dachterrasse meiner Freundin in Brüssel getanzt, bin das erste Mal im Jahr mit dem Cabrio gefahren und habe die ersten Sonnenstrahlen genossen. „Je veux“ – zu Deutsch: „Ich will“. Ja, wenn ich nur wüsste was ich will. Ich will all das bewahren, was ich in diesem Jahr erlebt habe, ich will aus meinen Fehlern lernen und die schönen Momente genießen; denn mit diesen Dingen kann man ein Leben bemessen: Mit Gefühlen, mit Erinnerungen und Erfahrungen. Mit der wunderbaren Erfahrung beispielsweise, dass Freundschaft oft keiner Worte bedarf und auch über große Distanzen hinweg bestehen kann. Dass wahre Freundschaft das stärkste Gefühl ist, was einem widerfahren kann. Dass Freunde einem jeder Zeit zur Seite stehen. Allerdings, und das wissen auch die Sterne, gibt es in jedem Leben, in jedem Jahr, in jedem Lebensjahr auch nachdenkliche Momente. Zeiten der Traurigkeit und der Verzweiflung. Der Hilflosigkeit und des Gefühls allein zu sein. Das Jahr 2012 wird wahrlich Neuanfänge bringen und erst ein jähes Ende ist Grundsteinlegend für einen möglichen neuen Beginn. Oft merkt man es, wenn man selbst am Ende ist, was einem wichtig ist, was man will und vor allem wer wichtig ist. Ich habe im fast vergangenen Jahr 2011 erkennen dürfen, wer mir wichtig ist und bin dafür unendlich dankbar.

Alles hat ein Ende. Auch die Wurst. Nur diese Freundschaft hoffentlich nie.